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G-BA und SGB V – oder „Was ist ein Festbetrag?“

13. Juli 2011

Eine Stammkundin betritt die Apotheke, legt ein Rezept vor und erzählt ein bisschen von ihrem letzten Urlaub. Während ich nach den verordneten Arzneimitteln suche, flimmert auf meinem Bildschirm das Präparat Atmadisc Forte 50ug/500ug auf.

Jetzt muß ich der Kundin klarmachen, dass sie statt wie beim letzten mal 10 € heute 103,57 € zuzahlen muß, weil es sich um eine sogenanntes Arzneimittel mit Festbetrag handelt. Der Betrag errechnet sich aus der regulären Zuzahlung von 10 € plus dem Festbetrag von 93,57 €.

Was hat es mit diesen Festbeträgen auf sich? Woher kommen sie?

Das DIMDI schreibt dazu auf seiner Webseite:  „Der Festbetrag eines Arzneimittels ist der maximale Betrag, den die gesetzlichen Krankenkassen für dieses Arzneimittel bezahlen.

Weiter heißt es: „Ist sein Verkaufspreis höher als der Festbetrag, tragen Patienten in der Regel die Differenz zum Festbetrag entweder selbst oder erhalten ein anderes – therapeutisch gleichwertiges –  Arzneimittel ohne Aufzahlung.“ – Aufzahlung heißt übrigens nicht Zuzahlung – das ist wieder etwas anderes.

Ja, aber wenn die Krankenkassen doch nur einen maxiamlen Betrag für dieses Arzneimittel zaheln, wieso soll ich jetzt so viel dazu zahlen? Warum kostet das nicht nur 10 €, so wie letzten Monat?

Nun, das liegt daran, das der Hersteller dieses Arzneimittels sagt: „Liebe Krankenkasse, das ist schon in Ordnung, dass du nur diesen Betrag zahlst. Allerdings ist unser Produkt mehr Wert! Wenn der Patient also dieses Arzneimittel haben möchte, der Arzt es verordnet hat etc., dann zahlt er halt die Differenz.“

Soweit so gut. Aber darf der Hersteller das denn? Oder darf die Karnkenkasse denn willkürlich einen Betrag festsetzen? Schließlich hat der Hersteller ja irgendwann mal viel Geld in die Entwicklung  (und Vermarktung) gesteckt. Er hat das Recht diese Kosten wieder zu erwirtschaften. Aus eben diesem Grund gibt es ja einen Patentschutz. Erst wenn dieser abläuft, können Generikafirmen mit der Produktion günstigerer Präparate anfangen.

Wer also legt diese Beträge fest?

Es ist der gemeinsame Bundesausschuß G-BA. Wiederum beim DIMDI finden wir dazu folgende Bemerkung: „Festbeträge werden in einem zweistufigen Verfahren festgelegt:

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) bestimmt, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. In diesen Gruppen werden Arzneimittel mit denselben oder pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen sowie mit therapeutisch vergleichbarer Wirkung zusammengefasst.

Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) setzt für jede vom G-BA gebildete Festbetragsgruppe einen Festbetrag fest. Gesetzliche Grundlage dieses Verfahrens ist § 35 Abs. 1 und Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Kriterien zur Höhe des jeweiligen Festbetrages sind ebenfalls gesetzlich geregelt (§ 35 Abs. 5 SGB V).

Wer oder was ist dieser Gemeinsame Bundesausschuss G-BA?

Auf seiner Internet-Seite schreibt er dazu:

„Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wurde am 1. Januar 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) errichtet. Mit der Gesundheitsreform des Jahres 2007 (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) wurde die bis dahin sektoral organisierte Struktur des G-BA geändert.

Seit dem 1. Juli 2008 werden alle Entscheidungen in einem einzigen sektorenübergreifend besetzten Beschlussgremium für ambulante, ärztliche und zahnärztliche, sowie stationäre Belange getroffen

Kommen sie noch mit?

O.K., dann also weiter. Wie oben angegeben, handelt es sich um ein vom Gesetzgeber installiertes Verfahren im Rahmen der Modernisierung der Krankenversicherung. Der G-BA hat 13 Mitglieder, unparteiische und parteiische. Das sind

Im übrigen können auch

Organisationen, die auf Bundesebene maßgeblich die Interessen von Patienten sowie der chronisch kranken und behinderten Menschen in Deutschland wahrnehmen, haben vom Gesetzgeber ein Mitberatungs- und Antragsrecht im G-BA erhalten (§ 140f SGB V).

Verstanden?

Dann also weiter. Nach welchen Kriterien legt den der G-BA nun diese Kostenhöchstgrenzen fest? Wie schon o.a. geschieht dies natürlcih nicht wie auf einem orientalischen Basar! Es gibt handfeste gesetzliche Vorgaben, nämlich den schon zitierten Paragraphen 35 des Sozialgesetzbuches V. Auf der Seite des G-BA finden wir dazu den Hinweis

„Die Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses regelt vor allem methodische Anforderungen an die wissenschaftliche Bewertung des Nutzens, der Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen als Grundlage für Beschlüsse. Weiterhin werden hier Regelungen für Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Unabhängigkeit von Sachverständigen und das Verfahren der Anhörung zu den jeweiligen Richtlinien, insbesondere die Feststellung der anzuhörenden Stellen, die Art und Weise der Anhörung und deren Auswertung getroffen.“

So weit so klar?

Hier wollen wir es mal bei der Darstellung des Verfahrens belassen. Meine Aufgabe bei der Abgabe des Arzneimittels (Anwendung, Dosierung, Hinweise auf Nebenwirkungen, Abklärung der Verträglichkeit beim Vorliegen weiterer Erkrankungen, eventuelle Rückfragen beim verschreibenden Arzt etc.) sind also, verständlicherweise, noch um die o.a. Erläuterungen zu ergänzen. Schließlich hat jeder Versicherte ein Recht darauf zu erfahren, warum er letzten Monat noch viel weniger zuzahlen musste.

Mach ich doch gerne. Und wenn dann noch Fragen sind, wenden sie sich doch einfach mal an ihre Krankenkasse. Die Servicenummern finden sie auf der entsprechenden Homepage.

 

 

Anmerkung: Zum Glück existiert bei einigen Krankenkassen ein Rabattvertrag über ein gleichwertiges Arzneimittel, bei dem keine über die reguläre Zuzahlung hinausgehenden Beträge zu leisten sind. Aber genauso wie sich die Festbeträge im Quartalsrhythmus ändern, tun das die Rabattverträge auch.